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Schlepperfreunde Wolthausen




Früher leisteten sie Schwerstarbeit, heute sind sie Objekt der Begierde. Für Schlepperliebhaber sind ihre Oldtimer-Traktoren neben Leidenschaft und Hobby auch Teil der Dorfgemeinschaft. Die Schlepperfreunde Wolthausen restaurieren und reparieren nicht nur, in zeitgenössischer Arbeitskluft nehmen sie auch an Oldtimertreffs und anderen Aktionen teil. Dabei müssen die Maschinen TÜV-geprüft sein und noch heute schwere Feldarbeiten erledigen.

Schlepperfreunde Wolthausen

WOLTHAUSEN. Das ungewohnte Knattern ist von weitem zu hören. Dann biegen sie um die Ecke, ein Porsche, ein Lanz Bulldog aus dem Jahr 1939 und andere Oldies. Die Fahrer werden auf den Sitzen durchgeschüttelt, an Klimaanlage ist nicht zu denken. Die Baujahre der Trecker der Schlepperfreunde Wolthausen fallen alle in den Zeitraum zwischen 1939 und 1973. An fünf bis sechs Aktionstagen pro Jahr gehen die Schlepperfreunde, allesamt aus Wolthausen, mit ihren Oldtimern auf große Fahrt. „Es gibt zum Beispiel Feldtage, wo wir hinfahren. Oft ist die Familie dabei. Manche haben einen Bauwagen umgebaut, andere kommen im VW-Bus, einige Zelten”, erzählt Hermann Schmidt. Zu Beginn waren sie zu fünft, heute gehören 20 Schlepper-begeisterte zu dem Zusammenschluss. „Die Gründungsidee war, dass hier etliche Schlepper vorhanden waren und wir nur ab und zu an Zugschlittenturnieren teilgenommen haben”, sagt Heinz-Hermann Peters. Im Jahr 1992 haben sie das erste Zugschlittenturnier in ihrem Dorf veranstaltet. Eine Wiederholung folgte im Jahr 1996, in dem der Erlös der Dorfgemeinschaft zugute kam. Danach waren die Schlepperfreunde zum Thema „Landwirtschaft früher – heute” im Museumshof Winsen. Mittlerweile gehört auch das Kartoffelfest des Ortes zum festen Veranstaltungsplan. Trend geht zum Drittschlepper„ Das greift immer weiter um sich. Der Trend geht zum Drittschlepper”, kommentiert Schmidt, dass er und viele seiner Kollegen im Laufe der Zeit mehr als einen Schlepper gekauft und restauriert haben. „Mit 30 Treckern haben wir mehr Schlepper als Leute”, betont Christian Peters. Man muss nicht unbedingt einen Traktor haben, um dabei zu sein. Bei den Schlepperfreunden Wolthausen gibt es keine Pflichtstunden und keine Beitragszahlungen. „Wir sind kein Verein, sondern ein Zusammenschluss – wie schon der Name sagt”, betont Christian Peters. „,Freunde‘ – da nimmt jeder etwas in die Hand. Mit einem Vorstand wird das schnell zur Pflicht. Bei uns ist das ohne Drang und Zwang.” Die Begeisterung scheint durch alle Altersklassen zu gehen. „Das Interesse im Dorf ist groß”, bestätigt Dieter Brümmer. „Das ist faszinierend, wenn Geburtstagsfeiern sind, landet man in den Gesprächen nach ein paar Minuten wieder bei den Schleppern.”Der älteste Ackerschlepper, der im Besitz eines Wolthäusers ist, ist Baujahr 1939, der Jüngste 1973. Gefunden haben die Schlepperfreunde Wolthausen ihre Oldtimer zum großen Teil über Annoncen und Mundpropaganda. Ein wöchentliches Treffen, um Erfahrungen auszutauschen, gemeinsam zu reparieren und zu basteln gibt es nicht. „Wir wohnen alle in einem Dorf. Da läuft man sich immer über den Weg”, erklärt Schmidt. „Einmal im Jahr, im tiefsten Winter, treffen wir uns zu einer kleinen Jahreshauptversammlung”, sagt Christian Peters. Dort gibt es den Jahresrückblick und einen Einblick auf das kommende Jahr. Was besprochen wird, schreibt Peters in den Dorfplan. Kurzfristige Termine werden per Telefon weitergegeben. „Als Gäste haben wir auch Leute, die nicht aus Wolthausen kommen und uns zu einzelnen Veranstaltungen begleiten”, erklärt Schmidt.„Es gehört viel Erfahrungsaustausch dazu”, sagt er über die Schlepperfreunde. „Es ist viel Restauration. Man darf das nicht unterschätzen, auch wenn die Trecker laufen, ist das eine Menge Arbeit”, betont Christian Peters. „Oft besorgt sich einer Teile und bringt anderen gleich welche mit”, nennt er einen Vorteil der Zusammenarbeit. „Durch die Gegend zu fahren” macht für seinen Bruder einen Reiz aus. „Wir haben Teile aus Aachen, Belgien”, beginnt er aufzuzählen. „Wir fahren für Ersatzteile quer durch Deutschland. Man kommt rum und lernt Leute kennen.” Er betont außerdem, dass die Wolthäuser ihrem Hobby nicht nur „just for fun” frönen. „Wir nutzen unsere Traktoren auch für Umzüge, Hand- und Spanndienst und zum Ausschneiden der Wege”, sagt er. „Die Schlepperfreunde sind ein wichtiger Teil der Dorfgemeinschaft geworden”, betont sein Bruder.„Es ist faszinierend, historische Trecker wieder aufleben zu lassen. Dazu gehört viel Zeit und handwerkliches Geschick”, sagt Brümmer. Die wachsende Begeisterung führt nicht nur zum Besitz mehrerer Schlepper. „Das wird immer mehr. Wenn man die Schlepper fertig hat, besorgt man sich etwas zum Anhängen. Nur rumfahren wird langweilig”, sagt Heinz-Hermann Peters. „Wir sind alle Jungs vom Dorf. Wir haben früh damit angefangen und sind schon als Kinder Trecker gefahren”, formuliert sein Bruder einen Grund dafür, dass die gut 20 Männer viel Zeit und Geld in ihr Hobby stecken.„Es wird oft vergessen, dass diese Fahrzeuge auch TÜV-geprüft sind und der StVO unterliegen müssen”, betont Brümmer. Nur dann können die Schlepperfreunde Wolthausen mit ihren alten Schätzen zu Veranstaltungen fahren. „Nur rumfahren wird langweilig”„Es ist faszinierend, wie sich die Zeit verändert, wie sich die Leute freuen, wenn man damit durch ein Dorf fährt”, schwärmt Heinz-Hermann Peters. „Wenn die Hagelkörner ins Gesicht prasseln – das ist etwas anderes, als wenn ein Bauer in seine vollklimatisierte Kabine steigt.” Matthias Hoppenstedt betont den Vergleich: „Es ist faszinierend, wie unsere Vorfahren damit gearbeitet haben. Wir haben einen Nachmittag Spaß, die mussten ihre Familie ernähren.”Vom Ackerschlepper zum Hightechtraktor In der Landwirtschaft sind Traktoren kaum wegzudenken. Dabei hatten die ersten Schlepper und ihre Ausstattung wenig mit den heutigen gemein.Seit der Erfindung der Dampfmaschine durch James Watt, seit Beginn des 19. Jahrhunderts, bastelten Engländer an der Verwendung der Dampfmaschine in der Feldarbeit. Der Durchbruch selbstfahrender, dampfbetriebener Schlepper scheiterte jedoch am Eigengewicht von bis zu 20 Tonnen. Bis nach dem Ersten Weltkrieg deckten so genannte Dampfpfluglokomobile den Bedarf an Zugmaschinen in der deutschen Landwirtschaft. Es folgten Ackermaschinen, die durch Verbrennungsmotoren angetrieben wurden. Auch der Traktor gehörte zu diesen Maschinen, die sich jedoch nicht für den Großteil der landwirtschaftlichen Arbeit eigneten. Der Ersatz der Dampfmaschine durch Trecker rentierte sich erst ab einer bestimmten Betriebsgröße, setzte sich dort aber allmählich durch. Aufgrund des fehlenden Erdölvorkommens wurden in Deutschland in den 20er Jahren Diesel- und Glühkopfmotoren konstruiert. Neben der fehlenden Betriebsgröße erschwerten auch staatliche Maßnahmen zur Sicherung der deutschen Industrie eine Ausbreitung der Traktoren. Um konkurrenzfähig zu bleiben, stiegen deutsche Schlepperproduzenten schließlich auf Serienproduktion um. Durch die Weltwirtschaftskrise zu Beginn der 30er Jahre stagnierte die Entwicklung der Schlepper. Danach gab es technische Neuerungen. Dieselmotor und Zapfwelle setzten sich durch. Durch sie und die Entwicklung von Luftreifen wurde der Trecker zur „bäuerlichen Universalmaschine”. Mit dem Wirtschaftswunder in den 50er Jahren setzte die Vollmotorisierung in der deutschen Landwirtschaft ein. Technische Neuerungen wie Frontlader und Luftkühlung bei Dieselmotoren ließen Traktoren universal einsetzbar werden. Mittlerweile sind die Verkaufszahlen trotz stetiger Verbesserungen wie Schnelligkeit, leiser Geräuschpegel und auch mehr Komfort rückläufig. Teilweise liegt das wohl an den Maschinen selbst, an ihrer langen Haltbarkeit. Hermann Schmidt, der „Obermeister”Seine Kollegen von den Schlepperfreunden Wolthausen bezeichnen ihn als „Technischen Berater und Obermeister” ihres Zusammenschlusses. Das Wissen, das Hermann Schmidt diese Titel eingebracht hat, stammt teilweise aus seiner Ausbildung zum Landmaschinen-Mechaniker. „Zum Teil habe ich mir das auch selber angeeignet: durch Fachlektüre und viel aus Erfahrung”, sagt der KfZ-Mechaniker.„Zum einen bin ich berufswegen dabei. Ich habe das gelernt, die Technik hat mich damals schon fasziniert, sagt der Wolthäuser, der von Anfang an zu den Schlepperfreunden Wolthausen zählt. „Außerdem bin ich damit aufgewachsen. Ich komme aus der Landwirtschaft. Von früh auf musste ich mithelfen, mit acht oder neun Jahren bin ich selber Trecker gefahren – wie das so war auf dem Dorf. Die Technik hat mich nicht mehr losgelassen, ich bin immer dabei geblieben.”, erklärt Schmidt seine Begeisterung für die Oldtimer. „Das ist eine Sucht. Ich suche eine Apotheke, die etwas vertreibt, damit das aufhört”, fügt der 51-Jährige lachend hinzu.„Ich muss ehrlich gestehen, die neueren moderneren Trecker sind nicht so mein Fall”, sagt der Besitzer dreier Schlepper. Der jüngste in seiner Sammlung ist ein Hanomag Baujahr 1962. Sein Lanz Allldog stammt aus dem Jahr 1958, der MBA ist von 1941. „Ich nehme an allen Veranstaltungen der Schlepperfreunde Wolthausen teil”, sagt Schmidt. Wenn er mit seinen Schleppern unterwegs ist, trägt Schmidt „Heu-Wenderklamotten” oder die Weste, die die Mitglieder der Schlepperfreunde seit anderthalb Jahren besitzen.„Besonders hervorzuheben ist das Treffen in Hösseringen”, schwärmt er von einer außerhalb stattfindenden Veranstaltung. „Die Atmosphäre. Das Treffen findet in einem Museumsdorf statt, das zu der Veranstaltung zum Leben erweckt wird. Man ist eingebunden in dieses Dorf.” .